Mittwoch, 28. September 2011

31 knots: talk like blood. classicreview 2005

(orginal erschienen auf sellfish.de 10/2005)
Sind 31 Knots die beste Band der Welt? Zumindest für den Moment fällt mir tatsächlich keinerlei Konkurrenz zu dem Trio ein, welches seit einigen Jahren wie keine andere Band die Essenz aus Independent, Pop, Jazz sowie Progressive herausfiltert und auf unnachahmliche Weise in spannende, schlüssige, fordernde Songs verwandelt.
Eine Schande, dass davon trotz des brillanten Vorgängerwerkes "It Was High Time To Escape" (2003) sowie einer nicht minder exzellenten EP kaum jemand Notiz genommen hat. Nun also ein neuer Anlauf der Herren aus Portland; diesmal mit zumindest geringfügig verbesserter Label- bzw. Vertriebssituation. Gut so, denn "Talk Like Blood" (Polyvinyl) muss endlich mehr ernten als nur Kritikerlob und die bedingungslose Begeisterung einer devoten Schar an Eingeweihten. Wofür es eine ganze Reihe von Gründen gibt. Einer davon ist sicherlich, dass Joe Haege, Jay Pellicci und Jay Winebrenner maßlos talentiert sind. Und diese Aussage gilt sowohl auf die instrumentalen als auch die songwriterischen Fähigkeiten bezogen. Doch dass ist nur die eine Seite. Denn die Musik der 31 Knots hat nur auf den ersten Blick viel mit dem Kopfarbeit zu tun: Das Material auf "Talk Like Blood" ist stattdessen einmal mehr eher Bauch-orientiert, wenn es nicht sogar gleich in die Beine geht. Für letzteres sorgt eine, in ihrer scheinbar mühelos-komplexen Funkyness sprachlos machende Rhythmussektion ("Thousand wars"). On Top wird das Album mit einem schier unglaublichen Ideenreichtum kredenzt, mit welchem genrefremde Zutaten völlig unverkrampft in den individuellen Bandsound verwoben werden. Zu nennen wäre da beispielsweise die schaurig-schöne Klavieruntermalung im Titelsong oder das kaputte Streichersample in "Busy is bold". Stillstand bleibt im ohnehin weiten Soundspektrum der 31 Knots so noch immer ein Fremdwort. Abgerundet wird das Meisterwerk schließlich durch hochintelligente Texte, die sich jedoch niemals in Abstraktheiten verlieren. Ich denke und hoffe, ich stehe mit meiner Meinung nicht alleine da, dass man bei Tracks wie "Chain Reaction" oder dem programmatischen Finale "Impromptu disproving" angesichts von soviel Genialität ruhigen Gewissens ein wenig durchdrehen darf. Genervt von all den Superlativen in dieser Rezension? Mir doch egal. Gönnt euch etwa vier Hördurchgänge dieses Ausnahmewerkes und ihr werdet mir bedingungslos zustimmen, dass es in den letzten 24 Monaten keine in Punkto Relevanz und Qualität vergleichbare Veröffentlichung gab. Wort drauf. Apropos, Vergleiche: Das Beste aus Fugazi, Karate und Burning Airlines wird hier übertroffen. Das ging an die letzten Zweifler.