Montag, 28. September 2009

bestandsaufnahme. 09/09

voller vorfreunde angesichts der eindrücke seines letzten konzertes haben wir uns zum auftakt des reeperbahnfestivals wieder in die hasenschaukel aufgemacht, um Björn Kleinhenz zu hören. doch der schwedische singer-songwriter schien sich nicht nur in unser herz gespielt zu haben: selbst angesichts der frühen uhrzeit (es war kurz nach neun) war keinerlei reinkommen in die bar. also, vorliebt nehmen mit seinem dritten hierzulande erhältlichen album, "B.u.r.m.a." (devilduck records/indigo). und: damit kann ich sogar leben. denn kleinhenz findet sich spürbar immer besser zurecht in seiner singer-songwriter-welt. sogar nach abzug des schweden-sympathiefaktors, der im promoinfo schon wieder sehnsucht gen norden entfacht hat: die aufnahmen entstanden - natürlich - auf einer einsamen insel fernab der hektik göteborgs. umso schöner, als es der gebürtige deutsche an einigen stellen wunderbar krachen lässt, und so seinen charismatischen melancholie-exkursen zusätzlich dramatik verleiht. was am ende ein duchweg gelungenes, stimmungsvolles gesamtwerk entstehen lässt.
selten breitet sich die stimmung einer platte so immanent aus wie im falle von "Texas Rose, The Thaw & The Beasts" (asthmatic kitty records/soulfood). zum zerbersten reduzierte gitarrenmusik trifft auf sporadische bleeps und klonks. jeder note, jedem effekt wird zeit und raum gegeben, sich zu entfalten. und über allem thront raymond raposa's stimme, durch welche die Castanets quasi definiert werden (okay, und seine gesichtsbehaarung sollte man auch nicht außen vor lassen...). denn für sich genommen klingt der spröde mix aus country, folk und blues nicht sonderlich spektakulär: es bleibt die spooky atmosphäre, die auch darüber hinwegsehen lässt, dass die kompositionen niemals an jemanden wie young heranreichen. auch wenn man für augenblicke denkt, man hätte jenem neben crosby und nash auch noch crazy horse sowie das studioequipment geraubt. das ergebnis allerdings klingt herrlich quer - und gut.
ungewöhnlich genug, dass vor ein paar monaten ein an sich altbackenes gitarren-pop album die (uk-)charts erklomm. noch dazu, wenn sich die instrumentale seite nicht an wehleidiges james blunt-geseiere anlehnte, sondern eher von folk und progrock inspiriert wirkte. mit seinem debüt "hand built by robots" bewies Newton Faulkner, dass sich guter geschmack sporadisch eben doch auch kommerziell durchsetzen kann. der elegant betitelte nachfolger "Rebuilt By Humans" (sony) steuert in die komplett gleiche richtung. auch wenn ein highlight wie das massive attack-cover "teardrops" leider fehlt. denn wenngleich die instrumentalen fähigkeiten und ein gespür für melodien allgegenwärtig sind, löst das material nicht allzu viel mehr als anerkennendes kopfnicken aus. dabei verfügt faulkner über eine wunderbar warme, an eddie vedder erinnernde stimme. am ende des tages fällt das resultat somit doch positiv aus: im gegenwärtigen pop-zirkus pirscht sich hier ein sympathisch ehrliches, ungekünsteltes album zu einem echten „grower“ heran…

Donnerstag, 24. September 2009

afi vs. thrice. emo(?)battle of the year

limitiert man diese begegnung auf das coverartwork, sieht es für AFI düster aus: "Crash Love" (interscope/universal) erfüllt in dieser hinsicht auch noch die übelsten emo-klischees. wenn es allerdings um die musikalischen inhalte geht, überzeugt der neue longplayer wesentlich nachhaltiger als sein direkter vorgänger "decemberunderground". mehr noch: ich kann hier beinahe die art konsolidierungsphase erkennen, welche ich auch bei dredg ausmachte. soll heißen: das quartett rückt wieder funktionierende songs in den mittelpunkt und scheut sich auch vor ein paar ecken nicht. klar: auf bombast muss hier niemand verzichten. wohl aber auf eine ärgerlich kalkulierte single wie "miss murder". ein zweites "sing the sorrow" gelang ihnen zwar dennoch nicht, der typische reiz ihrer melancholischen rocksongs jedoch begeistert mich nach wie vor. bleibt die optik außen haben wir es immerhin mit einem der gelungeneren alben ihrer immerhin 18jährigen bandgeschichte zu tun. dem - bei aller liebe - etwas mehr derbheit dennoch nicht geschadet hätte...
mit begriffen wie emo wird man Thrice hingegen schon im ansatz lange nicht mehr gerecht - wenn diese schublade denn überhaupt einmal angebracht gewesen sein sollte. nach ihrem vielgelobten "alchemy index" doppelschlag geht dir formation nun einmal wieder mit einem "normalen" album an den start. was in diesem fall immerhin bedeutet: atmosphärische rocksongs, die stilistisch näher an bands wie thursday oder gar den brillanten recover liegen, denn an irgendwelchen labelartgenossen. "Beggars" (vagrant/soulfood) verzeichnet mit dem famosen "doublespeak" zudem einen der gelungensten tracks ihrer karriere. thrice benötigen weder pathos noch aggression, um ihren songs tiefe zu verleihen. gleichzeitig stellen sie für ihre fans eine konsequente herausforderung dar. immerhin erfand man sich zeit des bestehens im kleinen rahmen immer wieder neu. was bei "beggars" besonders auswirkungen auf das bassspiel hat: die dynamik und der einfallsreichtum von ed breckenridge setzen nämlich immer wieder deutliche akzente. sehr empfehlenswert.

Dienstag, 22. September 2009

alice in chains vs. pearl jam. review

skeptisch bis zur letzten minute. das waren meine gefühle bei all den meldungen, die die veröffentlichung eines neuen album von Alice In Chains betrafen. wie oft scheiterte schließlich schon der versuch, jahre nach dem tod eines sängers dem besonderen charme einer band gerecht zu werden (...man denke nur an queen und paul rodgers). und hier haben wir es immerhin mit layne staley zu tun. für "Black Gives Way To Blue" (virgin/emi) ließen sich die verbleibenden bandmitglieder jerry cantrell, sean kinney und mike inez lange zeit. cantrell schrieb mit dem neuen sänger william duvall songs, man spielte shows und machte dabei nie den eindruck, den kommerziellen wie künstlerrischen druck an sich heran zu lassen. nahmen sich die "neuen" alice in chains doch für den titeltrack zum beispiel die freiheit, elton john (!) für die pianopassage anzufragen. die positive bestätigung findet sich in den elf neuen songs. welche eher am meilenstein "dirt" anknüpfen denn an das selbstbetitelte abschiedswerk von 1995. sabbath-artige riffs treffen auf cantrell'sche songwriterkunst und das ganze wird tatsächlich ausgezeichnet von duvalls' stimme. die staleys auf elegante art sehr nahe kommt, auch wenn duvalle weder in punkto bühnenperformance noch auf diesen studioaufnahmen den eindruck macht, sich zu verbiegen. wie war es andernorts zu lesen? das hier ist so viel, viel, viel besser als die ganze üble neogrunge-chose von nickleback bis godsmack. richtig. respekt für die bemerkenswerteste reunion seit jahren! Pearl Jam, die einzige grunge-institution die seit dem "großen knall" in punkto besetzung halbwegs konstant war, lieferte nicht nur in relativ regelmäßigem turnus neue longplayer ab - sowohl presse als auch fans blieben ihnen über all die jahre immer wohl gesonnen. genau wie ich. mit "Backspacer" (universal) fängt dieses (schon seit "yield" ins wanken gekommene) konstrukt allerdings an, gefährlich zu wanken. auch wenn sich unter den elf tracks wieder ein paar obligatorisch punkige tracks befinden, welche die spielfreude der seattle-dinosaurier demonstrieren sollen: erstmals werde ich das gefühl nicht los, dass diesmal eine bewährte rezeptur die fehlende inspiration ersetzen soll. was nicht funktioniert. "just breathe" beispielsweise dürfte die bislang erste ballade von vedder sein, die so gänzlich ohne charme auskommt. und dieses manko garaniert nicht (!) durch den einsatz von streichern wett macht. "supersonic" und der opener "gonna see my friend" bedienen sich dagegen der oben beschrieben formel, welche auf zur schau gestellten energieschüben basiert. alles in allem klingt das für mich nach stagnation auf niedriger werdendem niveau. leider. ich habe es versucht, ehrlich. und irgendwie werden pearl jam dennoch einen stein bei mir im brett haben; aus gründen jedoch, die mit dem neuen material nichts zu tun haben. dieses rennen hier geht zu meiner überraschung ganz klar an alice in chains.

Montag, 21. September 2009

antipop, del & tame, mixtape. MISC

ein halbes dutzend jahre sind vergangen, seitdem die hiphop-avantgardisten Anti-Pop Consortium mit "arrhythmia" ihr letztes statement abgegeben haben. mit dem sie gleichzeitig zumindest ein subgenre prägen sollten. und seitdem alle vier mehr oder minder überzeugend auf solopfaden wandelten. seinen wiedereinstand feiert das konsortium nun auf "Fluorescent Black" (big dada/rough trade) ziemlich rabiat. "lay me down" eröffnet die 17 tracks bzw. 55 minuten mit einem wirbelsturm. derart entfesselt läuft man allerdings zu voller größe auf: elektronika, hiphop und - eben doch - pop gehen auf diesem album einmal mehr eine nervös-frickelige liaison ein. bemerkenswert: das konzept bleibt auch 2009 noch futuristisch. und beim label warp fraglos perfekt aufgehoben. nicht umsonst gibt roots manuva ein passendes stelldichein. sehr viel mehr spaß kann hoch komplexe musik gepaart mit wahrer sprachakrobatik jedenfalls kaum machen.
schon seit anfang der neunziger jahre kennt man del a.k.a. deltron (a.k.a. diverse andere pseudonyme) als lieferanten von funky hiphop - ohne grenzen und mit humor. zum großen kommerziellen erfolg hat diese kombination zwar nie gereicht, was den cousin von ice cube allerdings zu keinem zeitpunkt von seiner mission abbringen ließ. im gegenteil. für sein neuestes output fusioniert er seine kräfte nun mit einem zweiten rapper, der seine wurzeln noch deutlich tiefer im untergrund geschlagen hat - weshalb sein name hierzulande kaum jemandem ein begrif sein dürfte. nichtsdestotrotz enpuppt sich "Parallel Uni-Verses" (gold dust/k7/alive) als reelle chance, ein breiteres publikum für sich zu gewinnen. Del The Funky Homosapien And Tame One verstecken sich nicht hinter albernheiten, sondern liefern ein rundum gelungenes hiphop-gesamtwerk ab, das gänzlich ohne trend-zugeständnisse auskommt und auch keine ellenlange feature-liste vorzeigen muss, um zu überzeugen.
sie waren eine der kleinen überraschungen des letzten jahres: My Awesome Mixtape bildeten das - ausgerechnet italienische (!) - bindeglied zwischen dem progressiven anspruch anticon records' sowie der subtilen, aber funky sexyness von angesagten formationen wie hot chip. die fünfköpfigen "bologna geek dancers" zelebrieren nun auch auf ihrem zweitwerk "How Could a Village Turn Into A Town" (rewika/alive) eine musikalische vision, welche unbeeindruckt von nerd-klischees laptop-frickelei, post-punk und eine nicht zu leugnende jazzyness zusammen bringen. womit die zwölf tracks mühelos neben dem aktuellen why?- longplayer sowie dem at the drive-in finale bestehen können. und ersteres angesichts detailverliebtheit und layout in einigen punkten sogar noch toppen. was mit sicherheit eine art ritterschlag für diese junge formation darstellen dürfte. folgt jenem nun gar noch die eine weitere konsequente emanzipation aus dem schatten der vorbilder, dürfte endgültig alles möglich sein. doch schon jetzt: eine beachtliche platte. danke an rewika records, die sich ein herz gefasst haben und den vertrieb bei uns sicherstellen.

Samstag, 19. September 2009

raekwon vs. krs-one & buckshot. hiphopherbst

zwei gegen einen. das scheint auf den ersten blick nicht fair. zumal erstere veröffentlichung zurecht eines der ganz großen themen für duck down sein dürfte. verbindet vorliegende kollboration doch neben dem "vorsitzenden" der boot camp click einen der renommiertesten underground rapstars. KRS-One & Buckshot erfüllen damit quasi alle voraussetzungen, den großen wurf zu landen. noch dazu, weil sich die gästeliste von talib kweli bis mary j blige gleichermaßen exzellent ließt. so richtig vom hocker reißen mich die 14 tracks am ende des tages aber dennoch nicht. was entgegen meiner erwartung zum einen an krs-one liegt, dessen lines schon einmal überzeugender klangen. noch etwas mehr allerdings stört mich der affektierte hitanteil der produktionen - etwas mehr schmutz zwischen all den hooks hätte da, gerade ansichts der reibeisenstimme von krs-one, definitiv gut getan. denn jener kommt auf "Survival Skills" (duck down/groove attack) vor allen dingen von buckshot, dessen performance mir - ebenfalls unerwartet - ausgezeichnet gefällt. nicht zuletzt aufgrund einer feinen auswahl an produzenten deuten die daumen nach mehrfachem genuß des werkes dann aber doch noch knapp nach oben.
zum herausforderer. zugegeben: die veröffentlichungsflut des wu tang clans wird weiterhin zunehmend undurchschaubarer und unterliegt auch qualitativ bedenklichen schwankungen. dennoch: mit etwas mühe lassen sich aus dem kreativen kontext der new yorker rapinstitution noch immer hochkarätige tracks herausfiltern. Raekwon's nachfolgewerk zu seinem unbestrittenen klassiker wurde allerdings schon im vorfeld mit reichlich lorbeeren bedacht. und auch wenn ich die faszination des "chefs" erst mit verspätung für mich entdeckte, war ich vor dem einlegen des albums über die maßen aufgeregt. immerhin: die erleichterung kam häppchenweise. "Only Built 4 Cuban Linx... Pt. II" (icewater/soulfood) wird allem anschein nach zwar kein klassiker werden. aber die qualität des materials überzeugt beinahe komplett. gerade weil nicht der fehler gemacht wurde, nach raekwons' flauen vorgängern sein debüt 1:1 zu imitieren (okay, abgesehen vom üblen cover-abklatsch). es dürfte stattdessen der richtige weg gewesen sein, nicht den rza, sondern verschiedene produzenten an bord zu holen. worunter sich neben dem entbehrlichen dr. dre auch pete rock sowie die letzten werke von j dilla befinden. und am ende des knapp 80 minuten dennoch ein schlüssiges gesamtwerk entsteht. dessen qualitäten sich wie gesagt schleichend, aber nachhaltig entfalten. zumindest meine wenigkeit sieht die new yorker kung-fu-fanatiker nach "8 diagrams" und "chamber music" wieder klar im aufwind! was raekwon zum gewinner dieses, ähm, battles macht.

Donnerstag, 17. September 2009

moneybrother: real control. review

die volle kontrolle? zumindest in deutschland dauerte die major-liebäugelei von anders wendin ohnehin nur eine platte lang. dennoch: in seiner heimat schweden zählt Moneybrother längst zu den superstarts... und auf "Real Control" (hacka/our choice/rough trade) wirkt er tatsächlich befreiter als beim - zumindest produktionstechnisch - etwas nüchternen vorgänger. was zeitgleich als das beste kompliment für das neue album zählen darf: diese zwei handvoll tracks, die in der deutschen variante übrigens noch bonustracks enthalten sollen, fangen den famosen, euphorischen charakter der liveshows beinahe perfekt ein. der sänger, den man sogar als mann ohne falsche scheu knuddelig finden darf, hat schließlich schon seit seiner zeit bei monster gelernt, wie man ergreifende songs mit charme, seele sowie dem entscheidenden quentchen pathos schreibt… und dabei noch unendlich leger wirken kann. ähnlich dem debüt lässt sich der punksoulbrother von keinen stilistischen oder emotionalen limits einengen, lebt die trauer über verflossene liebschaften ebenso herzzerreißend offensiv aus wie er sich im nächsten moment mit seiner abermals brillanten band in himmelhochjauchzende höhen emporschwingt. apropos: ja, er hat sie wiederentdeckt, seine kopfstimme. respekt gibt's neben dem, ähm, metaphorischen coverartwork obendrein dafür, mit "hacka" in diesen zeiten ein eigenes label zu gründen. und jetzt freue ich mich auf die anstehenden liveshows. denn so ein bißchen groupie darf schon sein, oder!?

Dienstag, 15. September 2009

lewd acts, switchblade. highlights

"i was born with soapbox shoes / raised on morals that i choosed to lose / when i had seen the evil that people do / that's when i learned to sing the blues". mit diesen bricht - im wahrsten sinne des wortes - das vorläufige hardcore-highlight des jahres an. nicht, dass herausragende qualität aus dem hause deathwish überraschen würde. doch Lewd Acts legen mit "Black Eye Blues" (deathwish) ein geradezu absurd intensives und abgefucktes album vor, dessen referenzmasse erschlagend klingt. klar, kurt ballou von converge hat seine spuren nicht nur in der produktion hinterlassen. aber dazu kommen elemente von burst, cursed und give up the ghost - vorgetragen mit tatsächlich einer schmutziger adaption des blues. ich weiß dass in dieser review reichlich floskeln bedient werden. aber vom phänomenalen opener über die irre verschnaufpause "who knew the west coast could be so cold" zum überragenden finale "nowhere to go" macht dieses werk einfach sprachlos. die herren aus san diego empfehlen sich nachdrücklich als die neue exzellenz des genres.
auch nicht zu verachten: Switchblade sind ein schwedisches trio, welches seinen ursprung vor über zwölf jahren als chaotische hardcore-band fand. doch von den anfangstagen entwickelte man sich schnell weg: typische songschemata ließ man stück für stück hinter sich, besetzungswechsel sorgten für stilistisches neuland. das fünfte, abermals selbstbetitelte album gipfelt im (vorläufigen) höhepunkt der eigenwilligen karriere: nur drei Tracks lassen sich auf dem schlicht jedoch stilvoll gestalteten Werk finden. sie bringen es zusammen auf eine gute dreiviertel stunde und statt einem titel tragen sie abermals nur ihre exakte spielzeit als namen. "Switchblade" (trust no one recordings) gerät damit zu eine post-sludge-core-variation, die ihren besonderen reiz aus der kombination extremer langsamkeit mit überlegter schlichtheit zieht. jedem riff wird zeit gegeben, sich zu entfalten, sich im raum auszubreiten. die rudimentären aber sehr präsenten drums kulminieren mit den äußerst sparsam eingesetzten vocals in einem (trotz - oder wegen - der sparsamen zutaten) atmosphärisch dichten, finsteren soundtrip. wobei man 2009 sogar noch auf gastbeiträge etc. verzichtete. switchblade klingen damit wie die spartanische abspaltung ihrer früheren rourpartner von cult of luna, einer zeitlupenversion von breach oder einer verzweifelten düsteradaption von logh. eine spannende entdeckung für freunde avantgardistischer töne.

Sonntag, 13. September 2009

dead by april. clone oder clowns?

optisch können diese fünf hochgestylten schweden, die mich da auf dem cover und booklet so evil anblicken, bei ernsthaften musikfreunden wohl keinen blumentopf gewinnen... wie war das nochmal? wimps and posers leave the hall! oder casting-bands?! von anfang an nämlich kleistern Dead By April ihren nu-metal derart mit synth- und pop-elementen zu, dass sich ihr konzept schnell erschließt: ohne enstprechendes image würden die 13 tracks wohl sogar bei uns im formatradio landen. dabei fühlt man sich während "Dead By April" (universal) teilweise an die großen landsmänner und vorbilder in flames erinnert ("angels of clarity"). in solchen fällen wird das high-tech-produzierte material für augenblicke sogar richtig gut. dennoch: das selbstbetitelte album hinterlässt einen derart kalkulierten eindruck, dass im vergleich sogar der werdegang von avenged sevenfold natürlich wirkt. welche, abgesehen davon, noch die deutlich besseren songwriter sind. man muss schon arg einen narren am klinischen emo-metal-chartpop gefressen haben, um dead by april überzeugend zu finden. alles in allem klingen nämlich sogar die chartstürmer von sonic syndicate mutiger als diese letztenendes trotz einiger guter ansätze irgendwo zwischen ärgerlich und peinlich rangierenden scheibe.

Mittwoch, 9. September 2009

buntes singer-songwriter-universum. 09/09

drei jahre sind vergangen, seitdem der dire straits-kopf durch die gelungene kollaboration mit country-ikone emmylou harris der eigenen solo-karriere endlich wieder einen markanten punkt hinzufügen konnte. auf seinem neuen album "Get Lucky" (vertigo/universal) besinnt sich Mark Knopfler wieder auf die individuellen stärken. und schöpft aus den eigenen inspirationen, welche vom obligatorischen country zurück zum folk ("border reiver") und blues ("you can't beat the house") reichen. das ganze passiert mit der ihm eigenen, stoischen entspanntheit. insofern: wäre er nicht eine chronische ikone der elterngeneration - knopfler taugte auch heute noch zum cool guy. die elf neuen tracks gefallen durch die bank und durch ihre stilistische bandbreite, lassen aber die ganz großen momente weitgehend vermissen. fans des mittlerweile ergrauten britischen ausnahmegitarristen dürfen dem plattentitel dennoch trauen.
zugegeben, damit mache ich mir es jetzt ziemlich einfach. aber das zweite album von Wolfgang Müller taugt wunderbar, um die wartezeit auf das nächste gisbert zu knyphauen album zu überbrücken. nicht nur, weil müller aus hamburg kommt. es vermittelt ganz ähnlich dem selbigen diese anrührende melancholie, wie sie "Gegen Den Sinn" (rintintin musik/indigo) wohl nur hier oben zu finden ist. eine gelungene, dezente hintergrundbesetzung (bestehend u.a. aus flöte, saxophon, kontrabass und klavier) arrangiert den elf songs eine "muggelige" basis, die von müllers zurückgenommener, warmer stimme sowie den persönlichen texten abgerundet wird. ob das hier eine neue erfahrung wie seinerzet beim debüt von janka wird, vermag ich noch nicht zu sagen. doch lasse ich mich gern schon anfang september zu dem kommentar hinreißen: dies wird ein schöner herbst.
wozu auch das neue album von Polite Sleeper wie geschaffen scheint: "Lake Effect" (expect candy/cargo) zeigt den minimal folk des new yorker trios weiter optimiert. die postpunk-vergangenheit a.k.a. yellow press wird weiter nur noch durch den rückspiegel betrachtet. stattdessen liebäugeln die neun songs mit pop, singer-songwriter-zitaten und einem instrumentarium, welches von mellotron bis banjo eigentlich gar nicht mehr als so minimal zu bezeichnen ist. ebenso wie die neuerdings teils ausladenden kompositionen. vielleicht darf man sich da alles in allem an die weakerthans erinnert fühlen. eine idee, welche mich angesichts der stimme des sängers schon seit einer weile begleitet. aber erst mit dieser ep und ihrem eine spur opulenter inszeniertem sound wird deutlich: hier entwickelt sich stück für stück etwas ganz besonderes.

Montag, 7. September 2009

vic chesnutt: at the cut. review

Vic Chesnutt traf thee silver mt. zion, godspeed you! black emperor sowie einen gewissen guy picciotto. und spielt gemeinsam mit ihnen und weiteren gästen mit "north star deserter" sein ohne jede diskussion bestes album ein. vorläufig. denn einen guten teil der alten mannschaft traf der protagonist für "At The Cut" (constellation/alive) ein weiters mal. für das ergebnis war außerdem insbesondere filmemacher jem cohen zentral verantwortlich. letzterer aber nicht - wie im falle fugazi - "nur" als audiovisueller sammler im hintergrund, sondern vielmehr als inspiration: so holte der new yorker, selbst großer fan chesnutts', selbigen anlässlich einer filmprämiere auf dem viennale film festival auf die bühne. wo der opener dieses album sperformt wurde. und hinterließ zum schluss, nach vollbrachter arbeit, mit dem artwork weitere spuren. um missverständnissen vorzubeugen: "at the cut" haftet nicht ein hauch "projektcharakter" an. das material trägt die persönliche note des konsequent produktiven musikers wie kaum eines seiner werke zuvor. schließlich stellt es für den 1964 in jacksonville geborenen singer-songwriter an sich keine besonderheit dar, mit (für sein angestammtes genre) unüblichen partner zu kollaborieren. so gab es in der vergangenheit unter anderem eine platte mit den jamrockern von widespread panic (unter dem titel "brute"). doch wie die zusammenarbeiten auch aussehen mögen: spätestens durch seine beschwörende stimme - die immer wieder vergleiche zu lampchop provoziert (welche übrigens ebenfalls bereits kollaborationspartner des körperbehinderten musikers waren) - verleiht er den beinahe surrealen songbauten tiefe. die in ihrer spröden, analogen direktheit bzw. erbarmungslosen offenheit jedoch auch alleine bzw. im rohbau bestehen könnten. nicht zuletzt deswegen, weil sich chesnutt niemals in effekthascherei verliert. die zehn neuen stücke funktionieren vielmehr in ähnlich subtiler art und weise, wie die anderen künstler des feinen indielabels constellation ihren kompositionen dramatik verleihen: mit beinahe spiritueller tiefe, reduzierten arrangements sowie akzenten zwischen harmonie und sperrigkeit. ziemlich groß.

Sonntag, 6. September 2009

elektronika, jazz, singer-songwriter. und party

man darf überrascht sein: Joakim feiert einen, ähm, "postrock'esquen" einstand in sein neues, zweites album. und auch wenn danach der bewährte elektrorock in all seinen variationen und schattierungen wieder einzug halten mag: "Milky Ways" (!k7/alive) klingt tatsächlich so spacig, wie es der titel suggeriert. und verneigt sich fortwährend vor sounds wie disco, krautrock, jazz... obgleich das ganze permanent augenzwinkernd klingt. auf eine durchaus intellektuelle weise, wohlgemerkt. in die clubs schafft es joakim damit vielleicht wieder nicht; sondern wird stattdessen einmal mehr auf offene ohren bei freidenkenden, freigeistigen hörern stoßen. im k7-kontext scheint er damit geradezu optimal angekommen zu sein.
taptenwechsel. "why didn't you do it?" startet als eine amy winehouse-balkan-variante... und auch sonst lässt Miss Platnum keinen zweifel daran, dass sie die deutsche popszene mit ein paar verrücktheiten irritieren will. dabei bleibt "The Sweetest Hangover" (four music/sony) vor allem ein ausgezeichnetes partyalbum, dessen konsequent hittaugliche produktionen von the krauts perfekt die ukrainischen wurzeln der protagonistin mit dem disco-sound eben jener macher fusionieren, die bereits peter fox halfen, auf solobeinen zu stehen. vor allem aber ist das album eine bestandsaufnahme des aktuellen berlin sounds: die russendisko mag noch nicht ganz hinter uns liegen, aber diese weltoffene schattierung davon macht noch einmal richtig spaß. und bräuchte musikalisch die - in jeder hinsicht - flippige verpackung wohl gar nicht...
noch einmal wird es ruhig: Jeb Loy Nichols wagte schon vor einigen jahren den mutigen schritt, vom angesehenen musik-kenner und compilation-fabrizierer ("country got soul") in die aktive rolle zu wechseln... und selbst kreativ zu werden. was mit "days are mighty" 2007 bereits gut gelang, wird auf "Strange Faith And Practice" (impossible ark records/groove attack) dank verschiedener neuer ingredienzen endlich rund: hier perfektioniert sich ein sound, der durch den feinschliff von benjamin lamdin den optimalen feinschliff bekam. der produzent und musiker, welcher u.a. mit nostalgia 77 großartiges vollbrachte, erweitert das spektrum um einige jazzige arrangements. welche dem zurückgenommenen soul einfach gut tun. okay, nichols dürfte sich bewusst sein, dass seine musik für den hintergrund verdammt ist. doch in eben diesem wissen hat er das maximum herausgeholt - und sein bislang reifstes werk geschaffen.

Freitag, 4. September 2009

ulme. album, tour, download

die wiedererstarkte deutsche noiserock-institution Ulme legt mit "Tropic Of Taurus" (noise-o-lution/indigo) am 2.10. ihr neues album vor. welches, bei allem respekt, mit einigen stilistschen überraschungen aufwartet... hier könnt ihr euch davon schon einen ersten höreindruck downloaden. und mal sehen wer errät, welcher alte kollege da zum duett antritt.
und weil das trio bekanntlich besonders auf bühne zur höchstform aufläuft, hier die kommenden daten:

01.10.09 Hamburg -Hafenklang
02.10.09 Potsdam - Fabrik
03.10.09 Spremberg - Erebos
06.10.09 AUT Linz - Kapu
07.10.09 Frankfurt - Elfer
08.10.09 Osnabrück - Bastard Skate Hall - Worship The Riff Festival
09.10.09 Holland Eindhoven - Dynamo Club - Worship The Riff Festival
10.10.09 Leipzig - Conne Island- Worship The Riff Festival
11.10.09 Berlin - Lido - Worship The Riff Festival
31.10.09 Dortmund - Inside (Visions Party!)
13.11.09 Luckenwalde - Alhambra
14.11.09 Berlin - Schokoladen
15.11.09 Dresden - AZ Conni
03.12.09 Stuttgart - Kap Tormentoso (+BEEHOOVER)
04.12.09 tba. (+ beehoover)
05.12.09 Bad Frankenhausen, White Pig (+BEEHOOVER)

Donnerstag, 3. September 2009

mal was anderes. horrorhiphop

hiphop und horror... dass das zusammen passt, dürfte abseits dubioser subkulturkreise wenig bekannt war. zumindest stieß das merkwürdige konzept hinter dem berliner rapper basstard schon auf verwunderung meinerseits. nach respektierten veröffentlichungen (sowie einer obligatorischen indizierung) wagte dieser sich in epischer manier geich an eine trilogie names "zwiespalt" - von welcher nun mit "schwarz" (horrorkore/distributionz) der zweite teil erscheint. als doppel-cd (!). und reichlich kurzweilig. nicht nur, weil man sich in "fick 1. mai" kurzzeitig und gelungen in politische kontexte verzwirbelt, sondern auch weil der mix aus storytelling/hörspiel, horrorsamples und hiphop tatsächlich weitgehend funktioniert. so richtig ausgegoren (gore... sic!) klingen zwar weder alle raps noch die produktionen - in seiner konsequenz gefällt das werk dennoch. und überzeugt durch zahlreiche spaßige einfälle, wenngleich ein paar üble deutschrock-momente den himmel trüben - aber das mag nur im sinne des protagonisten sein. ich bin jedenfalls gespannt, was da noch kommt. und freue mich, dass diese "ansage" auf ganz andere weise "aggro" klingt...


Mittwoch, 2. September 2009

arctic monkeys: humbug. review

die verlangsamung der jungen briten: die Arctic Monkeys entdecken die faszination des bremspedals. und blockieren damit ihr ureigenstes trademark so sehr, dass ich mir für einen moment wünschte, man könnte sie in die fortwährende stagnation verfluchen. aber nein, auch die "jüngste britpop-sensation" (so eine gängige floskel im kontext der monkeys) hat natürlich ein gutes recht auf, ähm, weiterentwicklung. selbst wenn sich - zumindest für mich - ihr so wunderbar überdrehter sound auch in der dritten auflage nicht erschöpft hätte. da bin ich mir ziemlich sicher... aber gut, hilft ja nichts, lasse ich mich eben auf die neue platte ein. für "humbug" (domino/indigo) emigrierten jamie, nick, alex und matt in die wüste, begaben sich dort unter die fittiche von ex-kyuss josh homme und nahmen sich deutlich mehr zeit für die songs bzw. die wirkung ihrer umgebung darauf. und so lässt sich unter den zehn songs tatsächlich ein teil des spirits finden, welcher eine platte wie "and the circus leaves town" auszeichnete. ergänzt um die "spooky" sounds, die man auch schon auf "favourite worst nightmare" finden konnte. das wirkt auf anhieb eben etwas verstörend; auch deshalb, weil die ungestümtheit nicht reduziert, sondern komplett ausradiert wurde. aber insgesamt schaffen es die sheffielder jungs, durch ihr songwritingtalent zwar nicht gänzlich mitzureißen, jedoch zu bestehen. ihr selbstbewusstsein, in jeder hinsicht derart relaxt an das neue material heranzugehen, verdient zudem respekt. und wer weiß: vielleicht stellt die kurskorrektur auf lange sich sogar eine kluge entscheidung dar. es muss ja nicht jeder dieser angelegenheit so konservativ gegenüberstehen wie ich...

Dienstag, 1. September 2009

boxhamsters, fliehende stürme. review

zur fakentlage: die Boxhamsters haben ein neues label. die boxhamsters kooperieren mit eva briegel, sängerin der popband juli. die boxhamsters schreiben stücke in überlänge. und: "Brut Imperial" (unter schafen/alive), das neue album nach jahrelanger wartezeit, wird all denen warm uns herz werden lassen, welche die vier über all die jahre lang begleitet haben. und mir, denen die herren immer sympathisch waren - wenngleich ich mich nicht zur eingeschworenen fangesellschaft zählen darf - macht ihre musik 2009 sogar noch mehr spaß als früher... passend dazu übrigens der loriot-geschulte kommentar im booklet: "früher war mehr lametta". heute ist mehr stilistische freiheit. und die steht den zehn songs bestens zu gesicht. ein dank in dem zusammenhang auch an olaf opal, der den boxies-sound eben nicht aufgeblasen hat, sondern in seiner sonor-schrammeligen art beließ. genau hieran erkennt man einen guten produzenten: das charakteristische der musiker wurde beibehalten, sogar betont und perfekt in szene gesetzt. tja, und zurück zur band selbst: für "flöz & pökel" die ebenfalls aus gießen stammenden juli ins boot zu holen, macht irgendwie schon sinn und funktioniert vor allem ausgezeichnet. euphorisches fazit: diese band wollte nie jemandem etwas beweisen, scherte sich zu keiner zeit um irgendwelches schubladendenken. und diese tatsache - gepaart mit ihrer (schwer zu leugnenden) altersweisheit - sorgt dafür, dass hier evtl. ihr bestes, in jedem fall aber ein famoses album entstand.

beim namen Fliehende Stürme assoziieren unbedarfte musikhörer vielleicht am ehesten schnöden deutsch- oder gar funpunk. doch anstelle alkoholträchtiger blödeleien reichert die band seit jahren ihren punkrock mit einer dezenten wave-schlagseite an. und bleibt so schon irgendwie zwischen den stühlen sitzen. doch bei genauerem hinhören stimmen die referenzen. wenngleich die chaos z nachfolgeband auf ewig im windschatten von ea80 agieren wird, kommen mir während "Die Tiere Schweigen" (major label (lp) / shivering jemmy (cd) / broken silence) gar einmal killing joke in den sinn. sicher, auch hier wurde sympathischerweise weitaus weniger opulent produziert. doch genau deshalb funktioniert die triste monotonie von beispielsweise "an einem besseren tag" so eigenwillig. denn wo live sicher potentiell schnellere tracks wie der opener "turm" zu begeisterungsstürmen verleiten, gefallen mir auf platte die bedächtigen momente weitaus besser ("strahlen"). in jedem fall empfiehlt es sich, selbst ein urteil zu fällen: die fliehenden stürme ziehen ihr ding vom artwork zum sound so konsequent durch, dass man aufhorchen muss. das trio verdient euere aufmerksamkeit!