Montag, 30. März 2009

the view, die zweite. lauwarm

okay, dies fairerweise vorweg: sicher war es für die engländer nicht leicht bzw. eher unmöglich, den spontanen spirit ihres debüts "hats off to the buskers" (2007) noch einmal einzufangen. es mag sogar der objektiv geschicktere weg gewesen sein, es gar nicht erst zu versuchen. so lässt sich an "which bitch?"(1965 records) beim besten willen nichts angestrengtes finden. betont entspannt lassen es the view angehen, und zwar auf allen ebenen. für meine begriffe passiert das ganze allerdings eine ganze spur zu entspannt. da luken schließlich mal die späten (lahmen) weezer durch, mal wirkt es wie der laufwarme aufguss der eigenen (kurzen) vergangenheit. im besten fall klingt das dutzend songs in seiner hingerotzten art nach the clash, eher noch den solowerken von joe strummer. insofern: anerkennung gibt es in jedem fall für das kunststück, den üblichen pressehype derart unbeeindruckt hinter sich zu lassen... und dass sich auf der platte trotz anderer erwartungshaltung ein paar schöne tracks verstecken, soll auch nicht verschwiegen werden. "glass smash" beispielsweise schafft es, den rauhen charme des debüts in beinahe dubbig-poppige klänge zu verpacken. ähnlich liegt der fall bei "jimmy's crazy conspiracy", einem weiteren hitaspiranten. und auch sonst bleibt es vor allem das "aus-dem-ärmel"-schütteln zumeist zündender kompositionen, welches dem material seinen reiz verleiht. dennoch: mit einer guten prise mehr elan wäre "which bitch?" eine steilvorlage für eine längerfristige karriere geworden. so müssen sich the view mit album nummer drei wohl ein weiteres mal beweisen - ob sie das wollen, steht auf einem anderen blatt. bei derart eigensinnigen gestalten muss man mit überraschungen rechnen. in diesem/meinem fall eben auch mit kleinen enttäuschungen.

Donnerstag, 26. März 2009

muff potter. making of zur single

ab montag gibt's die single zum neuen muff potter album "gute aussicht" (huck’s plattenkiste/rough trade, VÖ 17.04.) sie heißt "blitzkrieg bop" und ein kleines "making-of" vom videodreh seht ihr hier:
Blitzkredit Bop - Video - Teaser


Mittwoch, 25. März 2009

hostages of ayatollah. geschichtsstunde

ich fand ja meinen leistungskurs "geschichte" damals in der schule schon toll. aber eine solche lektion, wie mir die "antHOAlogy" (x-mist/broken silence) der Hostages Of Ayatollah verpasste, übertrifft das ganze sogar noch. denn: die story ist mir gänzlich neu. und die umstände sprachen nicht gerade für erhöhtes interesse: die terrorgruppe, zu der sich einige mitglieder der band seitdem zählten, fand ich allenfalls nett - und von deren nachfolgeprojekt the bottropps habe ich eigentlich gar nichts mehr mitbekommen.
und nun also quasi die aufbereitung deutscher hardcore-punk-frühgeschichte, d.h. 1982 bis 1989. großartig aufgemacht im doppelvinyl, wobei zu dem zahlreichen begleitmaterial in der erstauflage neben einem mp3-download-coupon sogar noch eine dvd gehört, die mir allerdings nicht vorliegt. halb so wild, muss doch erstmal der musikalische brocken verarbeitet werden...
immerhin 32 songs, die teilweise noch unveröffentlicht waren. nachdem ich mich bisher zu den unwissenden zählte, begeisterte mich diese tatsache auch weniger als etwas generelles: die hostages of ayatollah spielen nämlich keinen stolperigen deutschpunk, sondern druckvollen, (mittlerweile) soundtechnisch ordentlich in szene gesetzten hardcore. teils in englisch, teils in deutsch gehalten sind die texte angenehm unterhaltsam, ohne jemals in nervige albernheiten zu verfallen. die bei titeln wie "amok bei aldi" oder dem heimlichen bandhit "hallo nachbar" befürchteten humor-talfahrten weichen vielmehr einem verständnis von humor/zynismus, der den spermbirds nicht unähnlich ist und selbst einem jello biafra gefallen würde (und offenbar auch tat).
für mich aber vor allem überraschend, welch mitreißende energie diese tracks auch 20 jahre später entfalten - vor allem, wenn man die musik zu existenszeiten von HOA gar nicht wissentlich miterlebte!
gemeinsam mit der tollen hammerhead-raritätensammlung bildet dieses package eine art "re-issue offenbahrung" des gar nicht mehr so jungen jahres.

Freitag, 20. März 2009

sony-mitarbeiter nehmen chef als geisel

eine beinahe groteske, wenngleich offenbar produktive verhandlungs-methode haben mitarbeiter der französischen sony-belegschaft an den tag gelegt: weil die sozialplan-gespräche für die rund 300 angestellten scheiterten, nahm' man kurzerhand den frankreich-manager des konzerns gefangen... derartige auswüchse mögen zwar eher der wirtschaftskrise denn dem abwärtstrend in der musikbranche zuzuschreiben sein - kurzweilig sind die entsprechenden pressemeldungen, z.b. im hamburger abendblatt, allemal.

Donnerstag, 19. März 2009

boozoo bajou. gesprächsstoff

da sind sie wieder. meine liebsten nürnberger. mit musik, die dem hardcore-publikum gerade gefallen müsste. elektronisch, detailverliebt, entspannt. ziemlich indie. exakt das richtige für ein aufatmen zwischen all dem tough-guy-sound... und weil das einfach mal unfassbar schöne musik ist. "grains" heißt das gerade erschienene album, !k7 das bewährte label und nicht nur weil man sich mit sellfish.de den parykeller teilte, war ein gespräch überfällig.

Welche Rolle spielt Nürnberg für Euer kreatives Schaffen? Stand für Euch jemals ein Umzug in eine der sogenannten Musikmetropolen zur Debatte? Und inwiefern seht Ihr Euch in einer fränkischen Szene verwurzelt, vielleicht ja sogar verplichtet?
Nürnberg spielt für uns eine Rolle in sofern, dass wir hier natürlich in erster linie unser soziales Umfeld
haben und auch pflegen, welches in einer Metropole leicht zu einer gewissen Anonymität führen Kann. Zum anderen haben wir hier vor Ort ein eng gestricktes und sehr gut funktionierendes Netz an sehr guten Musikern aller Art – aus dem zum Teil engesten Freundeskreis – welches ein effektives und konzentriertes Produzieren mit sich bringt und nicht von äußeren oft zerstreuenden Einflüssen ablenkt. Auf allen unseren Alben haben sich immer schon diese engen Beziehungen aufs Beste bewährt, warum also in die Ferne schweifen...aber unserer fränkischen Szene haben wir uns nicht verpflichtet gefühlt, es gibt von hier aus nicht gerade eine besonders euphorisierende Unterstützung. Alles ist ganz normal teilnamslos, wie das eben so ist in Regionen, in denen Musik-kultur eine eher untergeordnete Rolle spielt.

Das Thema Gastmusiker beherrschte Euch von Anfang an und mit "Grains" gibt es wieder viele interessante Kollaborationen. Trifft man sich im digitalen Zeitalter für solche Projekte noch persönlich?
Wie gesagt, arbeiten wir grundsätzlich immer mit diversen Gastmusikern, und deren Kollaborationen waren auch immer sehr wichtig und interresant für uns. Was das digitale Zeitalter betrifft, sind uns die „echten“ live gespielten Elemente immer schon sehr wichtig gewesen. Im Prinzip bestehen unser Stücke im Endeffekt auch gar nicht aus vielem synthetischem Material, es ist eher eine Produktionsweise im Sinne der Möglichkeit, wichtiges für uns auf den Punkt bringen zu können, ohne Kompromisse eingehen zu müssen, was Tiefe, Athmosphere, Soundesthetik und überhaupt Qualität im Allgemeinen betrifft. Musiker und Sängerinnen/Sänger arbeiten fast immer bei Uns im Studio, um eine Gegenseitige Reflexion entstehen zu lassen. Arrangement und Ausarbeitung finden später statt und werden in aller Regel von uns beiden entschieden. Wir hatten keine Schwierigkeiten bei der Entstehung des Albums was die Kontakte betrifft, eher stehen wir uns selber mit unseren Hohen Ansprüchen im Weg.

Beim ersten Beschäftigen mit "Grains" fällt auf, dass ihr mit gleich drei eindeutig "deutschen" Songtiteln arbeitet. Zufall oder Statement?
Beides, bei den letzten Alben wurde Uns nahegelegt bitte „international“ verständliche Titel zu wählen, dieses mal haben wir uns darüber hinweg gesetzt.

Euer stilistisches Spektrum ist mittlerweile ein enorm breites. Geratet ihr dennoch an Grenzen von denen ihr denkt, dass wäre zu weit weg von Boozoo Bajou? Und habt ihr ein Betätigungsfeld, wo ihr derartige Tendenzen ausleben könnt?

In den meisten Fällen sehen wir gerade darin eine Herausvorderung, unterschiedlichsten Musikrichtungen
unseren persönlichen Stempel aufzudrücken bzw.ein eigenes Gesicht erkennbar zu machen. Das ist sicherlich das schwierigste, speziell dann, wenn bei einem Projekt wie unserem, keine Person (z.B Sänger) als Aushängeschild oder Imagemarke damit verbunden ist. Wir können und wollen uns auschließlich über einen hörbaren Wieder-Erkennungswert definieren. Ich denke produzieren können wir vieles, aber Auszuforschen was wir in unserer Konstellation als Boozoo bajou am besten können ist wichtiger, sonst wird es zu beliebig. Aber wir haben in der Tat auch unter anderem Namen (z.B.Tontelas), Dinge auszuprobieren, die wir lieber getrennt von Boouoo Bajou sehen, nicht nur um auch in anderen Szenarien mit zuspielen, sondern weil es auch Spaß macht, musikalisch ganz woanders zu landen.

Wenn ich das richtig sehe, gibt es von Euch keine wirkliche Homepage, sondern "nur" eine Myspace-Präsenz. Wie wichtig ist Euch das Medium Internet sowohl im kreativen Prozess als auch im Kontakt mit Eueren Hörern?

Es haben sich schon einige kontakte über das Internet ergeben. Als bestes Beispiel mit Rumer, die auf unserem neuen Album dreimal vertreten ist. Die Kontakt - aufnahme und Anbahnung des ganzen ist ausschliesslich über myspace passiert. Früher hatte man oft das Problem, daß man nur bis zum Managment vorgedrungen ist, und weiter nicht. Das erleichtert schon einiges. Es ist sehr viel direkter.

Bestimmt nicht die originellste Frage, aber immer interessant: Welche Künstler rotieren bei Euch derzeit im Plattenspieler. Gerne drei aktuelle und drei ältere Beispiele.
Max richter – song from before
Vetiver – tight knit
Flavor crystals – ambergris

Antonio carlos jobim – stoneflower
Impressions -check out your mind
Frank sinatra – nice 'n' easy

Trotz einiger Funk-Elemente klingen Boozoo Bajou für mich immer enorm entspannt. Entspricht das Eueren Persönlichkeiten? Wo holt Ihr Euch im täglichen Leben die "Kicks"?
Einerseits entspricht unser Sound schon unseren Charakteren. Wir suchen beide wärend des Produzierens auch eine gewisse Entlastung von unseren Köpfen, d.h. nicht dass wir dabei eine Innere Ruhe finden, im Gegenteil, aber ein dauerndes Agressions-Potenzial beim Musik machen würde uns schon nach kurzer Zeit verzweifeln lassen. Wir können uns beide sehr gut in Dinge hineinhören, kleines Groß werden lassen, hintergründiges in den Vordergrund bringen usw... dazu braucht es viel Platz und Ruhe oder eben Langsamkeit in der Musik. „Kicks“ bekommt man sowieso viel zu viele, es ist eher eine Frage, wie wir uns deren entziehen können, ein Kick existiert nur für einen kurzen Moment, dann brauchst du den Nächsten. Wir möchten nichts wegwerfbares oder kurzfristiges, sondern beständiges erzeugen.

foto: pressefreigabe

Mittwoch, 4. März 2009

bestandsaufnahme 03/09

der südafrika-urlaub mag ein halbes jahr her sein, bilder und erlebnisse haben nach wie vor einen sehr präsenten platz in meinem kopf. und auch wenn kwaito etc. vielen hier durchaus schon ein begriff ist, die fussball-wm für einen wahnsinnigen popularitätsschub sorgen dürfte - dear reader beleuchten eine völlig neue facette ihrer heimat. kaum zu glauben, dass der heimlige indiepop des duos ausgerechnet hinter der spröden kulisse von johannesburg entstehen soll. aber vielleicht steht "replace why with funny" (city slang) einfach nur stellvertretend für die suche nach genau dem frieden, der sich in der dortigen kluft zwischen schwarz und weiß so schwer finden lässt: herzerweichender kammerpop, singer-songwriter-tristesse, verkappte hymnenhaftigkeit ("great white bear") und verhaltenes elektro-geplucker ("everything is caving") verbinden sich zu einem album, das man einfach lieb haben muss. es würde mich nicht wundern, wenn in meinem falle daraus mehr als nur eine affäre wird.

man soll das eisen schmieden, solange das feuer noch heiß ist... oder wie geht der spruch? jedenfalls haben fire in the attic besser mal nicht allzu viel zeit vergehen lassen, seitdem ihr vorgängerlongplayer dank "visions-magazin-gratisbeilage" überdurchschnittlich viel presse bekommen hat. versteht mich nicht falsch: die emocore'ler haben sich vorher durch diverse veröffentlichungen einen namen in der szene gemacht. mittlerweile werden sie aber doch noch auf wesentlich breiterer basis wahrgenommen. und bevor man im genrelager wegen überfüllung bzw. ermüdungserscheinungen endgültig die schotten dicht macht, melden sich hier - kurioserweise - durchaus altvordere nochmal zu wort. für ihr selbstbetiteltes werk haben "fire in the attic" (redfield records/cargo) in letzter zeit einen kleinen bis mittelschweren rebrush durchgemacht. und genau da liegt nämlich der große pluspunkt: erfreulich, dass neu-sänger thomas prescott (ex-kenai, und damit quasi labelmate) der band offenbar wirklich neue energie eingehaucht hat. der pop-faktor wurde leicht erhöht, der wiedererkennungswert naheliegenderweise ebenfalls. das hier taugt zu mehr als einer reanimation - wenngleich einmal mehr nicht ganz zum großen wurf.

dead serious records hat man den rücken gekehrt, schwäche gesteht man im hause bleed into one natürlich nicht ein. warum auch? schließlich wird auf "the scars remain" (demons run amok) wieder in einer old school-tradition gerockt, wie man sie hierzulande viel zu selten zu hören bekommt. das info nennt cro-mags und judge als anhaltspunkte, und bevor hier lauthals "gotteslästerung" gebrüllt wird, sollte man longplayer nummer zwei eine chance geben. denn der kann mit seiner kombination aus genannten klassischen genreversatzstücken und der modernen, leider etwas gesichtslosen produktion vorbehaltlos begeistern. und wenngleich die für mich sensationelle debüt-ep abermals nicht erreicht werden kann... sehr viel überzeugender bekommt man diese chose hierzulande nirgendswo serviert! im ernst: wer lust auf diesen sound hat, für den führt an bleed into one kein weg vorbei. darüberhinaus: ehe man hierzulande halbgare cro-mags reunion-shows supportet, investiert euer geld lieber in diese süddeutschen...